Claudia Wechselsberger
Felix Stuhlmann
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PLAKATE

Die Frau ohne Schatten
Darmstadt 1920

Format: 92 x 64 cm
Material: Papier
Illustrator: Franz Karl Delavilla
Aufführung: Darmstadt, Landestheater, 1920
„Und sie hatte den Leib einer weißen Gazelle.“ Mit diesen Worten beschreibt der Kaiser in der Frau ohne Schatten seine Erinnerungen an den ersten Anblick seiner Gattin, damals in Gestalt einer Gazelle. Bei der Jagd erlegte sein Falke das Tier, welches sich sodann in die ‚Frau ohne Schatten‘ wandelte. Eben diese Jagdszene zeigt das von Franz Karl Delavilla anlässlich der Darmstädter Erstaufführung der Frau ohne Schatten 1920 geschaffene Plakat. Gefangen in einer düsteren Felsspalte wird auf dem unteren Teil des Plakats vor rotgrellem Hintergrund die ausweglose Lage der weißen Gazelle sichtbar, während im oberen Teil in geschwungener Schrift die Aufführung der Oper beworben wird.

Das Darmstädter Landestheater erlangte zur Zeit des Expressionismus zu Beginn der 1920er Jahre in der deutschen Theaterlandschaft einige Reputation und Franz Karl Delavilla kann neben Ludwig Sievert zu den Pionieren des Bühnenexpressionismus gezählt werden. So gehen neben der Gestaltung dieses Plakats auch die Bühnenentwürfe der Aufführung selbst auf Delavilla zurück. Diese Bühnenbilder waren von leuchtenden Farben zuvor nicht gekannter Stärke, nicht aber von Überakzentuierungen der Formen oder surrealen Einflüssen geprägt.

Delavilla gilt auch heute noch als zurückhaltend expressionistischer Künstler, der Effekte eher aus dem Zusammenspiel von Licht und Farben generierte als aus den Formen selbst. Charakteristisch für Delavillas Arbeiten ist hierbei die Gegenüberstellung von dunklen Farben und grellen Elementen. Zur Farbgestaltung der Bühnenbilder äußerte sich Delavilla selbst mit den Worten: „Die Frau ohne Schatten mußte zu dem Versuch führen, durch Licht und Schatten auf den Zuschauer zu wirken.“ Seinem zurückhaltenden expressionistischen Stil blieb Delavilla auch bei der Gestaltung des hier gezeigten Plakats treu.
Literatur:
Lessing, Günther: Die Aufführungen der Opern von Richard Strauss im 20. Jahrhundert. Daten, Inszenierungen, Besetzungen. Tutzing 2008.
Neuendorf-Müller, Constanze: Franz Karl Delavilla (1884-1967). Maler, Grafiker, Kunstgewerbler und Bühnenbildner. Frankfurt am Main 2000.
Format: 160 x 118 cm
Material: Papier
Illustrator: Pierre Bonnard
Aufführung: Paris, Théâtre National de l‘Opéra, 1914

Légende de Joseph
Paris 1914

Die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg waren turbulente für die Musik. Während Arnold Schönberg mit seinen frei atonalen Werken den Grundstein für die spätere Zwölftonmusik legte, erlebte Paris die Erstaufführungen bekannter Bühnenwerke wie Stravinskys Le sacre du printemps oder Debussys L’après-midi d’un faune. Hinter diesen historisch bemerkenswerten Balletten steckte der russische Impresario Sergei Djagilew mit seinem Ensemble Ballets russes, der kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges auch Richard Strauss‘ erstes Ballett, die Josephslegende, zur Aufführung brachte. Das Libretto entstand 1912 in Zusammenarbeit von Harry Graf Kessler und Hugo von Hofmannsthal, Strauss komponierte in den folgenden Jahren die Musik.

Die Josephslegende erzählt von der Geschichte des biblischen Joseph, der als Sklave an den Hof Potiphars und seiner Frau kommt. Diese versucht – von seiner jugendlichen Schönheit erregt – ihn zu verführen, wird aber abgewiesen, woraufhin sie ihn der Vergewaltigung bezichtigt. Kurz bevor er gefoltert und hingerichtet werden soll, wird er von einem goldenen Engel gerettet, der ihm zuvor im Traum erschienen war. Potiphars Frau erdrosselt sich schließlich mit ihrer Perlenkette.

Das Plakat zur Uraufführung in Paris am 14. Mai 1914 zeigt Joseph mit einem Hirtenmantel bekleidet. Joseph wird hier in einer tänzerischen Pose dargestellt; die Zeichnung erlaubt aber kaum Rückschlüsse auf Details der Inszenierung.

Josephslegende
Mainz 1922

Nach dem Ersten Weltkrieg dauerte es sieben Jahre, bis die Josephslegende erneut aufgeführt wurde; zu den bekanntesten Cheoreographien zählte die von Heinrich Kröller, der auch in der Rolle des Joseph auftrat. Das Stadttheater Mainz zeigte im Juni 1922 die Inszenierung von Max Semmler aus Bern mit Ami Schwaninger, die schon als Potiphars Frau an der Schweizer Erstaufführung in Bern und an weiteren Aufführungen in Deutschland beteiligt war.

Das Plakat zeigt die Szene, in der Potiphars Frau versucht, Joseph zu verführen, der sich aber von ihr abwendet. Deutlich ist der Gegensatz zwischen dem starren Joseph, der einer Statue gleicht, und der flehenden, sich in Bewegung befindlichen Frau – verstärkt durch den farblichen Kontrast des dunkelvioletten Kleides gegenüber dem in orangeroter Farbe gehaltenen Joseph. Aufschlussreich ist die Bemerkung in der unteren rechten Bildecke, nach der die Kostüme der Josephslegende nach Entwürfen des Malers angefertigt worden sind.
Material: Papier
Aufführung: Mainz, Stadttheater, 1922
Material: Papier
Aufführung: Mainz, Stadttheater, 1922

Josephslegende
Mainz 1922

Nach den ersten Aufführungen im Juni nahm das Stadttheater Mainz 1922 die Josephslegende erneut auf, diesmal mit Sascha Leontjew und Lyda Salmanova in den Titelrollen. Auch wenn es sich um die gleiche Inszenierung wie oben zu handeln scheint, so unterscheidet sich der Stil der Plakatillustration doch erheblich: Sie zeigt Joseph nur mit einem weißen Tuch bekleidet im Profil, dazu im Hintergrund den „ganz in Gold gewappneten Erzengel“, wie es im Libretto heißt. Zwischen beiden liegt Potiphars Frau in einer lasziven Haltung, ihre Augen auf Joseph gerichtet. Die Farbgebung und die Proportionen der Arme und Beine lassen die Figuren unnatürlich erscheinen.

Josephslegende
Frankfurt 1922

Format: 50 x 32 cm, Material: Papier, Aufführung: Frankfurt am Main, Opernhaus, 1922
Während die Josephslegende in Mainz und Wiesbaden bereits 1922 auf die Bühne gebracht wurde, kam das Ballett erst 1923 nach Frankfurt: Das Frankfurter Opernhaus zeigte vom 2.-9. Juni vier Aufführungen mit wechselnden Hauptdarstellern. Das verhältnismäßig kleine Plakat zeigt ein Szenenfoto mit Ami Schwaninger, das vermutlich bei einer Aufführung in Dresden entstanden war.